Monday, June 13, 2005

Uns gibt es gar nicht!

Okay, okay, ich hatte mir geschworen, nie mehr in meinem ganzen Leben die Kombination "Frankreich" und "Flugreisen" zuzulassen. Aber ein Kollege von mir müsste dringend von Paris nach Afrika reisen. Und ich soll den Flug berappen.
Ein Anruf ins Büro, und der Kollege setzt sich hilfsbereit ans Telefon, um bei der Air France rumzutelefonieren. Das startete am Freitag.

Telefonisch erhält er die Auskunft, dass das Ticket lediglich 6000 Franken koste. Lediglich? Merkwürdig: Dasselbe Ticket, in Albuquerque gelöst, würde nicht mal die Hälfte kosten. Da ist was Faul im Staate Camembert...

Am Wochenende lässt sich bei der Air France niemand erreichen, der auch nur den Anschein von Kompetenz erwecken würde, und so verschiebe ich die Buchung auf Montag.

Zunächst - man ist ja schliesslich nicht von gestern - versuche ich, mir per Internet eine Übersicht über die Preise für die Tickets zu verschaffen. Aber offensichtlich sind die Franzosen in den Zeiten des Minitel stecken geblieben. Mehr als die Startseite von Airfrance.com will sich partout nicht zeigen.

Also greife ich frohgemut zum Telefon und versuche, dieses Ticket per Telefon zu buchen. Das scheitert zunächst an sprachlichen Barrieren. Die nette Dame in Genf bedeutet mir, dass sie lediglich Französisch spreche und auch nur solches zu verstehen gedenke. Ich solle meine sprachlichen Fertigkeiten ausfeilen und in ein paar Monaten nochmal anrufen. Zack!

So leicht gebe ich mich nicht geschlagen! Sofort rufe ich dieselbe Nummer nochmal an und werde tatsächlich mit einer Frau verbunden, die Englisch spricht - oder zumindest etwas, das sie dafür hält. Ich erkläre ihr, dass ich:
a) einen Flug von Paris in eine Afrikanische Grossstadt buchen möchte
b) ich das Ticket zahle
c) jemand anders das Ticket in Paris abhole.
Ihre erste Reaktion: "Das geht nicht." Erst als ich ein "warum" und "weshalb" hauche, bequemt sie sich dazu, mir mitzuteilen, dass dies durchaus möglich sei, für sie aber in Arbeit ausarte und ich deshalb doch besser mit Western Union dem Reisenden das Geld überweisen solle, damit der sich das Ticket selber leisten könne.
Erstaunt ob diesem gerüttelt Mass an Geschäftstüchtigkeit schlucke ich ein halbes Dutzend Mal leer, kaue auf einer Möhre rum und erkläre dann energisch, dass ich mir nun mal einen Plan gefasst habe, ein sturer Bock sei und ergo meine Plan in die Realität umzusetzen gedenke. Weshalb sie mir, bitte sehr, doch mitteilen solle, wie teuer mich dieses Ticket zu stehen komme.

"Das kann ich nicht sagen", meint sie.
"Sie wissen nicht, wie teuer Ihre Tickets sind?"
"Doch."
"Aber?"
"Sie sind ein Spezialfall. Deshalb kann ich nicht sagen, ob hier noch extra Gebühren dazukommen."
"Die Gebühren schluck ich Ihnen aus der Hand, wenn Sie mir sagen, wie teuer das Teil ohne Gebühren kommt."

Jetzt hat sie ein Einsehen und flüstert mir ein vertrauliches "2780 Franken" in den Hörer.

Geht doch. Prima! Weshalb nicht gleich so? Ob ich wohl zahlen darf?

Ich darf. Aber anders, als ich es mir vorgestellt habe. Sie will nämlich, dass ich nach Genf reise und dort mit Kreditkarte bezahle. Per Internet sei dies nicht möglich.

Weshalb nicht? "Ach, Sie wissen schon: Afrika, Schwarze, Betrüger - da muss man sehen, wer bezahlt!"

Den Versuch, der netten Tante von der Air France irgend etwas in Sachen Rassismus oder sichere Finanztransaktionen beizubringen unternehme ich gar nicht erst sondern frage sie, ob es allenfalls auch die Möglichkeit gäbe, dieses Ticket in Zürich zu bezahlen.

"Wieso in Zürich?" fragt sie mich erstaunt.

"Weil ich in Zürich bin!"

"Aber Sie telefonieren doch nach Genf! Ich bin in Genf!"

"Ich habe der Air France angerufen", erkläre ich ihr und merke, wie meine Contenance langsam den Bach runter geht, "und ob sie in Timbuktu, auf der Venus oder im Weissen Haus sitzen, ist mir egal. Ich jedenfalls bin in Zürich und wüsste gerne, ob ich nicht hier in einem Büro ihrer durchaus geschätzten Firma bezahlen dürfte."

Ich darf. Nur will sie mir keine Telefonnummer geben für die Zürcher Niederlassung. Ich solle doch einfach zum Flughafen gehen und suchen - dort fände ich dann schon jemanden, der mir das Geld abknöpfe. Aber das solle doch bitte innerhalb der nächsten Stunde passieren.

Nun ist es aber so, dass der Weg bis zum Flughafen mit dem öffentlichen Verkehr rund eine Stunde dauern kann, die Suche nach dem richtigen Schalter nochmals ein paar Minuten, der Weg in die heimische Stube nochmals eineinhalb Stunden - kurzum, ich hatte keine Lust, in einer spontanen Aktion meinen Feierabend zu einer Odyssee zu gestalten.

Jammern, Flehen - und ich erhalte eine Frist bis zum nächsten Tag.

Die Nummer des Büros am Flughafen Zürich hat der Kollege schon - Sie erinnern sich: Das ist dort, wo man wahrscheinlich annimmt, ich wolle einen Elefanten von Paris nach Afrika transportieren und 6000 Franken für ein Ticket verlangt.

Der Herr am Schalter hört sich mein Anliegen an und meint dann, ich solle doch viel besser ein Ticket von Zürich nach Paris buchen und dort das Ticket nach Afrika kaufen und es meinem Kollegen vor Ort übergeben - das sei einfacher.

Geschäftstüchtiges Kerlchen! Aber ich lehne dankend ab. Also verspricht er mir, dass er am Schalter ein Zettelchen hinterlassen werde, damit morgen auf jeden Fall jemand dort sei. "Wuir arbeiten zwar hier", erklärt er dann frank und frei, "aber meistens sind wir gar nicht da. Wissen Sie, eigentlich gibt es uns gar nicht."

Schön und gut. Wenn ich es mir so recht überlege: Mit solchem Personal erstaunt es einen tatsächlich, dass es die Air France noch gibt.

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